Auszug aus

Blond aber nicht blöd -Seelenbogen einer Frau / MT

ISBN: 978-3-941147-01-0

 

 

Die dritte Reise – Feuer

Auszüge aus meinem Tagebuch

Das rote Dreieck wird mannshoch, ist scharf umgrenzt. In seiner Farbe strahlt es purpurn und pulsiert, als ob geballte Materie sich hätte in eine Form pressen lassen, wo es kontrolliert „atmet“.

Der Eintritt gestaltet sich als schwierig. Mein „Begleiter“ erweist sich als hilfreich, indem er mich nach einem misslungenen Versuch, durch das Feuertor zu gehen, nochmals in der gleichen Haltung, spürbar nah an mir, mit mir gemeinsam durch das satte Rot steigt.

Beim Durchschreiten kann ich die Farbe des Tattwas nicht bewusst wahrnehmen. Alles verschwimmt, wie unter einem Schleier.

Auf der anderen Seite herrscht absolute Ruhe, Stille.

Kein Ton, kein Geräusch ist wahrnehmbar.

Mich hüllt Dunkelheit ein – im Spektrum bläulich-schwarz.

Nach meiner zweiten Reise empfinde ich den Eintritt und meine Anwesenheit als unspektakulär. Warum auch immer ich das so empfinde.

Als ob es in weiter Ferne einen Horizont gäbe, zucken vertikal weiße Blitze, die sich sofort horizontal ausbreiten, zu einem gleißenden weißen Strich verblassen und in der Finsternis verglimmen.

Diese fremdartigen Vorgänge gleich einem unbekannten Naturereignis betrachtend, kann ich die Anwesenheit meines Begleiters spüren. Ich bin dankbar, dass er da ist. So fühle ich mich sicher und beschützt in dieser für mich fremden Welt.

Es kommt mir vor, als geschähe sonst nichts.

Ich stelle die Frage, was denn nun ein Auftrag für mich sei, oder eine Botschaft an mich.

Ohne die Lippen zu bewegen gehen meine Gedanken in die Stille.

Mir ist, als käme eine feine Resonanz, doch sie scheint meinem Innersten zu entspringen und ist nicht greifbar.

Suchend, wartend, blicke ich an mir herab.

Erst jetzt wird mir bewusst – der Raum hier trägt mich.

Die Luft, dieses fast schwarze Nichts hat mich gänzlich umhüllt.

Der Zustand, in dem ich mich befinde, kann nicht mit Schweben beschrieben werden, vielmehr bleibe ich bewegungslos in der Luft, oder woraus auch immer diese Atmosphäre zusammengesetzt sein mag, stehen; kann mich frei und ungehindert bewegen, jedoch ohne vertrautem Boden unter meinen Füssen.

Da höre ich die Worte des Seminarleiters, die zum Aufbruch mahnen. Mir ist die Zeit zu kurz. Viel lieber würde ich noch bleiben.

Leise Verzweiflung steigt in mir hoch, ja sogar ein Unwille schon so früh zurückkehren zu müssen.

Mein „Begleiter“ entfernt sich langsam von mir, auf dem Weg in Richtung des roten Dreiecks, das sich irgendwo in dieser „Nacht“ befinden muss.

Ein letztes Mal stelle ich die Frage in den Raum: „Bitte, bitte, was ist die Botschaft, die ich mitnehmen kann? Gebt mir etwas, das ich von hier mitnehmen kann. Ein Symbol, ein Zeichen, irgendetwas… Ich weiß doch nicht, ob und wann ich je hierher wiederkehren werde:“

Die Augen meines „Begleiters“ blicken in meine. Fern und doch nah von mir erkenne ich seine Augenfarbe. Braun. In seinem Blick liegt keine Ungeduld, vielmehr engelhaftes unendliches Verständnis.

Fast schäme ich mich, dermaßen fordernd zu sein, aber verpasster Chancen und Gelegenheiten muss sich der Mensch wohl noch mehr schämen, denke ich.

Da beginnt sich weit, sehr weit weg von mir, ein winziger heller Kreis in der Finsternis zu bilden.

Wieder höre ich die Stimme des Seminarleiters. Ich denke: noch einen Augenblick, einen kleinen Augenblick, nur um zu beobachten, was es mit jener Veränderung weitab von mir auf sich hat.

Der kleine Kreis weitet sich, und ich nehme die Farben Weiß und Gelb, Braun und ein sattes Grün wahr. Ich erinnere mich an das Omega, welches in den gleichen Farben dargestellt wurde. Und ich frage mich, ob das einen Zusammenhang hat.

Mir kommt vor, als würde sich eine Art Kanal in diesem bläulich-schwarzen Raum bilden.

Ich frage in diese fremde Stille: Was ist das?

Keine Antwort.

Ich muss zurück. Mein „Begleiter“ drängt, indem er sich immer weiter von mir entfernt. Er weiß, ich möchte hier nicht allein zurückgelassen werden. Als ich mich ein letztes Mal umblicke, erhalte ich als Antwort aus dem Nichts:

„Es ist einfach. Es ist die WAHRHEIT.“

Das eine Wort „Wahrheit“ klingt in mir nach.

Mein Denken ist im Moment unterfordert mit so wenig Komplexität.

Wie klug sich Menschen in ihrer unendlichen Dummheit vorkommen können.

Die Wahrheit.

Vielleicht hatte ich mir vom Element Feuer etwas erwartet, das wie eine Bombe einschlägt.

Etwas Loderndes, Brennendes.

Auf den ersten Blick in das Element sah für mich alles nach Ruhe, Stille und Abgeschiedenheit aus.

Genau dort erhalte ich nur ein Wort. In Ruhe. In Entrücktheit von Lärm und Geschehnissen.

Wahrheit.

Diese Antwort in mir tragend, kehre ich von meiner Reise zurück.

Bevor ich mich auf den Weg zurück ins „Reale“ mache, kreisen meine Gedanken um den Sinn, Hintergrund und die Tiefe jenes einzigen Wortes „Wahrheit“, das im Element Feuer in mich geboren wurde.

Plötzlich erkenne ich, dass ich wohl nicht hätte mehr erhalten können.

Kein Geschenk oder Zeichen hätte mehr an Zündstoff bieten können, als allein dieser Begriff, der das Um und Auf von Allem ist.

Das ist mehr als ein aufregendes Abenteuer oder Einbildung.

Das Feuer hat mich beschenkt. Wie die Erde und das Wasser auch.

Danke für diese dritte, wieder unglaubliche Reise in eine Welt, die mir offenbar zu diesem Zeitpunkt und aus einem bestimmten Grund diese Eindrücke vermittelt hat.

 

Ende des Tagebuchauszuges

 

 

Feuer ist von allen vier Elementen das einzige, das reinigend wirken und tranformieren kann.

Danke.

 

MT

 

© Copyright 2013 Michaela Thanheuser